Für die Elektrifizierung der Lokalbahn Innsbruck - Hall in Tirol wurden 1909 acht vierachsige Triebwagen von der Grazer Waggonfabrik beschafft. Die elektrische Ausrüstung lieferte die A.E.G. Für die Flachstrecke waren die Fahrzeuge mit je zwei Motoren zu je 50PS ausgestattet, welche die beiden mittleren Achsen antrieben. Die Triebwagen hatten einen Holzkastenaufbau, welcher am Fensterband lichtgrau gestrichen und dessen Seitenlattung in Holz natur war. Erst in den folgenden Jahren, wurden die Fahrzeuge mit der für Innsbruck typischen weiß/roten Lackierung versehen. Die Betriebsspannung betrug 1.000V Gleichspannung. Da aber im Stadtgebiet die Straßenbahnstrecke mit 500V Gleichspannung betrieben wurde, gab es im Fahrzeug einen Schalter, der die Nebenbetriebe von 1.000V auf 500V umschalten konnte. Wenn der Triebwagen über eine Trennstelle fuhr, fiel der Schalter automatisch auf die geringere Spannung ab und musste manuell wieder auf die hohe Spannung "gehoben" werden. Die Fahrzeuge verfügten zur Stromaufnahme über zwei Lyrabügel. Mittels Schleifringfahrschalter, wurden die Widerstandsstufen zum Fahren und Bremsen gewählt. Die Widerstände befanden sich unter dem Fahrzeugboden zwischen den Drehgestellen. Die Betriebsbremse bestand aus einer Druckluftbremse des System Böker, welche durch einen Achskompressor gespeist wurde. Die Fahrzeuge verfügten über ein eigenes Raucherabteil.
1933: Die beiden unmotorisierten Achsen von Triebwagen 4 wurden mit zwei Reservemotoren ausgerüstet, damit dieser für Probefahrten auf der Steigungsstrecke der Stubaitalbahn verwendet werden konnte. Dies sollte zeigen, dass die Triebwagen auch für die Elektrifizierung der Innsbrucker Mittelgebirgsbahn verwendet werden konnten.
1936 - 1940: Triebwagen 3 und 2 wurde mit vier neuen 50kW leistende Halbspannungsmotoren der Firma A.E.G. ausgerüstet. Dabei wurden auch die Widerstände auf das Dach verlegt und die Schleifringfahrschalter durch Nockenfahrschalter ersetzt. Die Triebwagen 7 und 8 wurden mit den freigewordenen Motoren zu viermotorigen Triebwagen umgebaut.
1937: Die Lyrabügel aller Triebwagen, außer 2 und 3, wurden in den kommenden Jahren gegen Stemmann Stromabnehmer getauscht.
1941: Bei Triebwagen 1 und 5 wurden die alten A.E.G. Motoren durch je zwei 60kW leistende Siemens-Motoren ersetzt. Darüber hinaus wurden sie mit neuen Nockenfahrschaltern und Dachwiderständen ausgerüstet.
1955 - 1965: Nachdem Triebwagen 5 bei einem Föhnsturm umgestürzt war, wurde er grundlegend modernisiert. Dabei wurden die hölzernen Bordwände durch eine Verblechung getauscht und die Abteiltrennung zum ehemaligen Raucherabteil entfernt. In den nächsten Jahren wurden die restlichen Triebwagen bei den Hauptuntersuchungen an das neue Erscheinungsbild angepasst. Die Triebwagen 2 und 3 erhielten dabei auch Stemmann Stromabnehmer.
1974: Die Linie 4 nach Hall wurde aufgelassen, womit ein Großteil der Fahrzeuge überzählig wurde. Die Triebwagen wurden abgegeben, lediglich die Triebwagen 2 - 4 verblieben für die Linie 6 in Innsbruck.
1981: Die Linie 6 wurde auf moderne Triebwagen umgestellt, womit die verbliebenen Triebwagen nur noch als Arbeitstriebwagen und für Sonderzüge zum Einsatz kamen.
Heute: Triebwagen 1 und 4 befinden sich betriebsfähig für Sonderfahrten im Besitz der Tiroler MuseumBahnen. Triebwagen 2 und 3 befinden sich als Arbeitszug und für Sonderfahrten im Besitz der I.V.B. Triebwagen 5 - 8 befinden sich im Besitz der Nostalgiebahnen in Kärnten im Historama Ferlach, wobei von Triebwagen 6 nur noch ein Führerstand erhalten geblieben ist, und Triebwagen 8 teilweise zerlegt ist.
Folgende Fahrzeuge dieser Type befinden sich bei den Tiroler MuseumsBahnen:
Triebwagen 1
Nummer | 1 |
Gesellschaft | I.V.B. |
Baujahr | 1909 |
Außerdienststellung | 1974 |
Hersteller el. Teile | A.E.G. / Nach Umbau 1941 Siemens |
Hersteller mech. Teile | Grazer Waggonfabrik |
Leergewicht | 15,5t |
Länge über Kupplung | 11.950mm |
Achsformel | (1A)(A1) |
Achsstand | 2.000mm |
Drehzapfenabstand | 4.750mm |
Sitz/Stehplätze | 30/30 |
Motortyp | SSW Dy 721/d |
Fahrdrahtspannung | 1.200V |
Leistung | 2x60kW |
an TMB | 2000 |
derzeitiger Zustand | betriebsfähig |
Erscheinungsbild | Letztzustand (1974) |
restauriert von/bis | 2003 - 2005 |
Aufarbeitung Triebwagen 1
2000: Der Triebwagen 1 wurde vom Tramway Museum Graz zurückgekauft und nach Innsbruck gebracht.
2003 - 2005: Der Triebwagen wurde im Letztzustand von 1974 restauriert. Dabei wurden der Achskompressor für die Druckluftbremse durch einen Motorkompressor ersetzt und die Beleuchtung auf 24V umgebaut, mit Speisung durch einen rotierenden Umformer und einer Batterie.
2005: Die Wiederzulassung von Triebwagen 1 erfolgte.
2006: Der Fahrgastraum wird um Tische mit Getränkehaltern für den Sonderfahrteneinsatz ergänzt.
2009: Der Triebwagen wurde mit Funkantennen für die Weichensteuerung ausgerüstet.
2010: Die abgefahrenen Radreifen des Triebwagens wurden durch neue ersetzt. Dabei wurde auch der funktionslose Achskompressor entfernt und gegen ein leichter zu wartendes Lagergehäuse entsprechend den übrigen Achsen getauscht.
Triebwagen 4
Nummer | 4 |
Gesellschaft | I.V.B. |
Baujahr | 1909 |
Außerdienststellung | 1985 |
Hersteller el. Teile | A.E.G. |
Hersteller mech. Teile | Grazer Waggonfabrik |
Leergewicht | 18,5t |
Länge über Kupplung | 11.950mm |
Achsformel | Bo'Bo' |
Achsstand | 2.000mm |
Drehzapfenabstand | 4.750mm |
Sitz/Stehplätze | 30/30 |
Motortyp | A.E.G. U 105 |
Fahrdrahtspannung | 1.200V |
Leistung | 4x36,5kW |
an TMB | 1986 |
derzeitiger Zustand | betriebsfähig |
Erscheinungsbild | 1940er |
restauriert von/bis | 1986 - 2014 |
Aufarbeitung Triebwagen 4
1986: Triebwagen 4 wurde von den I.V.B. aufgrund eines vermeintlichen Motorschadens ausgeschieden und den Tiroler MuseumsBahnen überlassen. Diese beginnen ihn, im Ursprungszustand aufzuarbeiten.
1990: Es zeigt sich, dass die Aufarbeitung von Triebwagen 4 im Ursprungszustand eine größere Zerlegung notwendig macht. Der Triebwagen wird komplett zerlegt und die Drehgestelle mechanisch aufgearbeitet. In den folgenden Jahren wird noch das Dach des Triebwagens fertiggestellt, sowie einige Kleinteile hergestellt.
2007: Der Einbau der Motoren in den Triebwagen erfolgte durch die Werkstätten der I.V.B. Die Holzverkleidung des Triebwagens wurde rekonstruiert. Ein Umformer für 24V und ein Motorkompressor werden in den Triebwagen eingebaut. Dabei zeigte sich, dass ein Rückbau in den Ursprungszustand heute kein betriebsfähiges Fahrzeug mehr sein kann. Um aus dem Triebwagen kein Standmodell zu machen, wurde als neues Erscheinungsbild ein Zustand der 1940er Jahre ohne Lyrabügel gewählt.
2012 - 2014: Der Triebwagen wurde komplettiert. Es hat sich herausgestellt, dass doch kein Motorschaden vorlag, sondern nur ein Motorkabel gebrochen war. Dieses wurde ersetzt. Der Wagenkasten und die Innenausstattung wurden im Zustand der 1940er Jahre rekonstruiert. Dabei wurde die Beleuchtung mittels 24V rekonstruiert und die Druckluftbremse durch den bereits verbauten Motorkompressor gespeist. Der Achskompressor blieb als Attrappe am Fahrzeug. Funkantennen für die Weichensteuerungen wurden ebenfalls eingebaut.
2014: Die Wiederzulassung von Triebwagen 4 erfolgte.
2022: Dieses Fahrzeug war Teil jener Zuggarnitur, die den Österreichischen Bahnkulturpreis 2022 gewann.