Überetscherbahn
Land Südtirol
Länge 17,3km
Spurweite 1.435mm
Eröffnet 1898
Eingestellt 1971
Anfangspunkt Bozen
Endpunkt St. Anton
Traktion 650V=
Anmerkung elektrifiziert 1911

Vorgeschichte

Um die Gemeinden des Überetsch an das europäische Eisenbahnnetz anzuschließen, wählte man den Bau einer normalspurigen Eisenbahn. Der Grund dafür war, dass man ohne weitere Umladearbeiten die leicht verderbliche Fracht (Obst und Wein) aus diesem sehr wichtigen Obst-Anbaugebiet Südtirols gleich direkt an die k.u.k Südbahn übergeben konnte. Ebenfalls war der aufkeimende Fremdenverkehr ausschlaggebend für den Bau. An der Initiierung dieser Bahnlinie und natürlich deren Finanzierung war der Bozner Bankier Sigismund Schwarz maßgeblich beteiligt.

Bau und Betrieb

Die Bahnlinie ausgehend von Bozen nach St. Anton wurde in mehreren Etappen in Normalspur, also Spurweite 1.435 mm gebaut. Der erste Teil, die Linie von Bozen nach Kaltern wurde von der Fa. Stern & Hafferl, mit einem Assistenten in der Bauleitung, der beim Eisenbahnbau noch sehr berühmt werden sollte, nämlich Dr. Ing. Riehl, erbaut. Als bedeutendstes Bauwerk sei hier die Bogenbrücke über die Etsch nach der Abzweigung von der Bozen–Meraner-Bahn genannt. Am 16. Dezember 1898 wurde dann die Strecke Bozen–Kaltern mit zwei kleinen k.u.k. Staatsbahnlokomotiven eröffnet. Die Strecke, ausgehend vom Bahnhof Bozen der Südbahn, verlief vorerst auf den Geleisen der Bozen–Meraner-Bahn um dann nach der Abzweigung „Kaiserau“ die Etsch auf einer großen Bogenbrücke zu überqueren und über einen Anstieg, der durch Weingärten führte, danach vor St. Michael (Eppan) einen Tunnel durchfuhr und schließlich in Kaltern zu enden. Im Jahr 1903, zur Eröffnung der Mendel-Standseilbahn, wurde die Strecke von Kaltern nach St. Anton verlängert und vorerst nur auf diesem Teilstück ab 19. Oktober 1903 elektrisch mit 1.100 V DC betrieben. Den Betrieb führte man mit zwei zweiachsigen Triebwagen und zwei Beiwagen, die von der Grazer Waggonbaufabrik geliefert worden waren, durch. Im Jahr 1911 erfolgte dann die Elektrifizierung der gesamten Strecke mit Aufnahe des elektrischen Betriebes am 14. September 1911. Für diese Erweiterung des elektrischen Betriebes wurden zwei weitere el. Triebwagen bei der Grazer Waggonbaufabrik angekauft und insgesamt sechs Beiwagen aus der Dampf-Ära auf die Erfordernisse des Elektrobetriebes umgebaut. Die Überetscherbahn hatte zu diesem Zeitpunkt eine Länge von 17,3 km, überwand insgesamt 280 Höhenmeter bei einer max. Steigung von 62 Promille. Die nächsten technischen Schwierigkeiten hatten sich bei der Elektrifizierung der Bozen–Meraner-Bahn durch die FS (ital. Eisenbahnen) ergeben. Da die FS ein anderes Stromsystem verwendete, musste für die die Gleisanlagen der FS mitbenützende Überetscherbahn eine andere Zuführung der elektrischen Energie gewählt werden. Es wurde dafür ein seitliches Stromschienensystem gewählt, das von den Triebwagen mit seitlich ausfahrbaren Stromabnehmern kontaktiert werden konnte. D. h. die Überetscherbahn fuhr ab 1935 bis zu ihrer Einstellung vom Bf. Bozen bis zur Abzweigung Kaiserau mit seitlicher Stromschiene und ab hier auf den eigenen Gleisen mit normaler Fahrleitung, und Dachstromabnehmern.

Ohne nennenswerte Verbesserungen und Investitionen wurde der Betrieb über rund dreißig Jahre so weiter geführt und so heruntergewirtschaftet, dass im Jahr 1963 der Personenverkehr auf der gesamten Strecke eingestellt werden musste. Ebenfalls noch im Jahr 1963 wurde im Streckenabschnitt Kaltern–St. Anton sowohl der Personen als auch der Güterverkehr eingestellt. Der Güterverkehr auf der Strecke von Bozen nach Kaltern wurde noch unter der desolaten und funktionslosen Fahrleitung mit zwei Leih-Dieselloks der Jenbacher Werke bis zum 28. Juni 1971 weitergeführt, dann erfolgte auch hier die Einstellung. Inzwischen ist die Strecke schon längst abgebaut und nur der sehr aufmerksame Besucher kann noch Reste dieser Bahn entdecken.

Angesichts des auch im Gebiet des Überetsch bzw. des Großraumes um Bozen überbordenden Autoverkehrs wäre man heute vielleicht froh, wenn man sich diese Bahnlinie bewahrt hätte und sie in einen nützlichen Regionalbahnverkehr rund um Bozen einbinden könnte. Abgesehen davon, dass diese Bahn vielleicht heute, wie so viele in Südtirol eingestellten Lokalbahnen, ein gut zu vermarktende Touristen-Attraktion wäre.