Fleimstalbahn
Land Trentino
Länge 50,5km
Spurweite 1.000mm
Eröffnet 1917
Eingestellt 1963
Anfangspunkt Auer
Endpunkt Predazzo
Traktion 3kV =
Anmerkung elektrifiziert 1929

Vorgeschichte

Seit 1891 gibt es Pläne für eine Bahn ins Fleimstal. Der Anlass dafür war die Eröffnung der Mori–Arco–Riva-Bahn. Der Hauptzweck der geplanten Bahn war der Abtransport des Holzes aus dem Fleimstal. 1895 legte Ing. Riehl ein Projekt einer Bahn von Neumarkt nach Cavalese vor, der Abschnitt Auer–Pausa war als Zahnradbahn vorgesehen. Dieses, aber auch andere Projekte, scheiterten aber alle am Geldmangel oder weil man sich nicht über den Endpunkt, Auer in Richtung Welschtirol oder Neumarkt in Richtung Südtirol, einigen konnte. 1909 stellte die Magnifica Communita Val di Fiemme beim k.u.k. Eisenbahnministerium den Antrag, die Bahn projektieren zu dürfen. Diesem wurde 1910 stattgegeben und die Arbeiten wurden an einen italienischen Ingenieur übertragen. 1913 erklärte sich der Kongress in Wien bereit, den Bau einer Bahn von Neumarkt nach Predazzo mit 1,8 Millionen Kronen zu unterstützen, weiters wurden 200.000 Kronen für eine Verlängerung nach Moena zur Verfügung gestellt. Mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs waren alle diese Pläne dann nur mehr Makulatur.

1915, als der Krieg gegen Italien in den Dolomiten begann, war ziemlich schnell klar, dass der Nachschub über die vorhandenen Straßen unzureichend war, also waren die alten Pläne für die Fleimstalbahn wieder topaktuell. Es wurden auch Projekte, wie Seilbahnen und Standseilbahnen, untersucht, aber man entschied sich schlussendlich doch für eine Eisenbahn. Am 20. Dezember 1915 geht die Vorkonzession für die Fleimstalbahn von der Magnifica Cummunita Val di Fiemme an die k.u.k. Heeresfeldbahn über und Ing. Oerley wurde zum Bauleiter bestimmt.

Bau und Betrieb

Im Februar 1916 starteten die Vorbereitungsarbeiten zum Bau der Bahn durch die 28. Eisenbahnkompanie. Die militärische Leitung des Baues oblag Oberst Khu. Im März begannen die Bauarbeiten durch die Firma Redlich&Berger und die 28. k.u.k. Eisenbahnkompanie. Als erstes wurde der Bahnhof Auer gebaut. Die gesamte Anlage ruhte auf 900 Pfählen. Mit 1.500 m Länge und 100 m Breite war der Bf. Auer der größte Schmalspurbahnhof der Donaumonarchie. Am Bau beteiligt waren 300 zivile Bauarbeiter, 2.100 Militärpersonen und 3.600 Kriegsgefangene (ein Großteil davon Serben). Im Winter 1916/17 musste der Bau wegen der katastrophalen Witterungsverhältnisse eingestellt werden, aber auch die Unterernährung der Arbeiter forderte viele Todesopfer.

Auf der gesamten 45 km langen Strecke des ersten Bauabschnittes gab es sechs Tunnels mit einer Gesamtlänge von 786 m, sieben Viadukte mit einer Gesamtlänge von 307 m und acht Brücken mit einer Länge von insgesamt 168 m. Die Spurweite war 760 mm, die Steigung betrug maximal 42 Promille, der kleinste Gleisradius war mit 60 m festgelegt. Zeitweise war während des Baues auch eine Feldbahn mit Spurweite 600 mm im Einsatz.

Am 18. März 1917 fand die Betriebsaufnahme im ersten Abschnitt Auer–Montagna (9 km) statt. Bereits am 15. April ging die Bahn bis Castello in Betrieb (ca. 30 km). Der militärische Betrieb wurde sofort aufgenommen, in Castello musste dann aber auf Lastwagen umgeladen werden. Der Militärfahrplan mit Zugblöcken, der täglich bis zu 27 Zugpaare vorsah, konnte nicht gehalten werden, da die schweren Nachschubzüge in Montagna, Doladizza und Pausa zum Wasserfassen anhalten mussten. Oft wurde in Doppeltraktion, mit einer Mallet und einer kleinen Dampflok, gefahren. Die Belastungen durch den Militärfahrplan machten gleich zu Beginn weg einen friedensmäßigen Ausbau notwendig, auch die Möglichkeit der Umspurung auf Meterspur wurde beim Bau der Anlagen bereits berücksichtigt.

Als erste Lok der Fleimstalbahn kam bereits ab 1916 die Lok „Aflenz“ zum Einsatz, welche bereits 1882 beim Bau des Arlbergtunnels in Verwendung war. 1925 erfolgte dann ihre Verschrottung. Die zweite Lok war die „Arco“, die seit 1891 auf der Mori–Arco–Riva-Bahn bis 1915 gefahren ist. Vor den 1C+C Mallets gab es ab 1917 eine B+B Mallet von Orenstein & Koppel, welche unter ihrer Fabriks-Nr. 4505 auf der Fleimstalbahn verkehrte. Ab demselben Jahr standen auch sieben ungarische Dampfloks bis zum Ende der Dampfära 1927 im Einsatz. Weiters verkehrte auch eine Heeresfeldbahnlok, die ursprünglich für die Grödner Bahn gebaut worden war. Fünf der kleinen Dampflokomotiven gingen nach dem Ende des Kriegs an die Mori–Arco–Riva-Bahn. Im November 1918 waren 218 Waggons aller Gattungen vorhanden, davon 152 Stück von den serbischen Staatsbahnen.

Die charakteristischen Fahrzeuge der Dampfepoche waren natürlich die schweren 1C+C Mallets. 50 Stück waren für die k.u.k. Heeresfeldbahn bestellt, davon waren allein 30 für die Fleimstalbahn vorgesehen. Sie wurden bei Henschel & Sohn gebaut, der Großteil davon im Jahr 1916. Der Beginn ihres Einsatzes auf der Fleimstalbahn war dann im April 1917. Ohne weiteren Vorspann konnten diese Lokomotiven bis zu 10 Waggons ziehen, der Einsatz einer Vorspannlokomotive ermöglichte dann einen Zugverband mit bis zu 13 Güterwagen. Ein solcher Zug erreichte eine Länge von 150 m, dies war auch die Standardlänge der Kreuzungsgleise in den Bahnhöfen. Es gibt keine genauen Zahlen, aber es kann davon ausgegangen werden, dass nicht alle vorerwähnten 30 Loks zur Fleimstalbahn kamen. Bei Waffenstillstand im November 1918 hatte das Heizhaus Auer zehn kleine Dampflokomotiven und zehn Mallets in Bestand. 1928 wurden zwei Mallets (Nr. 6036 und 6046) für Güter- und Arbeitszüge auf Meterspur umgespurt. Der letzte Einsatz einer Mallet fand am 18. Dezember 1933 statt, es handelte sich um eine Schneeräumfahrt von Auer nach Predazzo. 1938 wurden mit Ausnahme der Lok Nr. 6036 alle Mallets nach Sardinien an die FMS (Ferrovie Meridionale Sarde) zum Einsatz vor Kohlezügen verkauft. Die Lok Nr. 6036 blieb bis zur Einstellung auf der Fleimstalbahn, auch wenn sie nicht mehr in Betrieb genommen wurde.

Die Arbeiten am zweiten Abschnitt begannen bereits, als der erste Zug Castello erreichte. Die ursprünglichen Trassenentwürfe folgten ab Cavalese der Fleimstalstraße. Ihre Ausführung war aber nicht möglich, da die italienischen Truppen im August 1916 den Monte Cauriol eroberten und die Bahn somit direkt in der Schusslinie gewesen wäre. Daher folgte die Bahn dem Südhang des Tales, was mehrere zusätzliche Kunstbauten erforderte. Mitte Mai 1917 gab es verheerende Überschwemmungen im Drautal, daher wurde ein Großteil der Eisenbahnkompanien und Kriegsgefangenen von der Fleimstalbahn dorthin abgezogen und einheimische Frauen und Jugendliche zum Weiterbau der Fleimstalbahn herangezogen. Im November 1917 verkehrten dann erste Materialzüge bis Rio Sadole, der Eröffnungszug nach Predazzo Süd fuhr am 18. Jänner 1918.

Der Zeitraum von 1917 bis 1927 wird als das „goldene Zeitalter“ der Fleimstalbahn bezeichnet, vor allem durch die zu diesem Zeitpunkt gefahrenen vielen Holztransporte. Zum 1. Februar 1919 wurde der Betrieb durch die FS (Ferrovie dello Stato) übernommen. Die Verlängerung von Predazzo Süd nach Predazzo Centro ging am selben Tag in Betrieb, auch wenn dort das Aufnahmsgebäude noch eine Holzbaracke war. In Predazzo Centro befand sich auch ein Gleisdreieck zum Wenden der Dampflokomotiven. Im Jahr 1921 sieht der Fahrplan für den Personenverkehr lediglich drei Züge pro Richtung vor. Die Fahrzeit von Auer nach Predazzo betrug drei Stunden und 55 Minuten. Als 1923 das Defizit der Bahn auf drei Millionen Lire pro Jahr gestiegen war, entsann sich der italienische Staat einer Verpflichtung der Magnifica Communita Val di Fiemme, um eine Million Kronen Stammaktien und um 800.000 Vorzugsaktien zu kaufen und forderte diesen Betrag nun ein.

Die Lösung des finanziellen Dilemmas war dann eine Privatisierung der Strecke, welche in weiterer Folge die Elektrifizierung der Strecke vorsah. Die Magnifica Communita Val di Fiemme gründete gemeinsam mit der STE (Società Trentina di Elettricita), welche zu diesem Zeitpunkt, die Rittnerbahn, die Überetscherbahn und die Dermulo–Fondo–Mendel-Bahn betrieb, die FEVF (Ferrovia Elettrica Val di Fiemme). Der Personenverkehr wurde ab 1. Jänner 1928 zur Umspurung und Elektrifizierung im Schienenersatzverkehr betrieben, nach Bedarf verkehrten auch Arbeits- und Güterzüge. Für den elektrischen Betrieb wurde neues Rollmaterial beschafft, der mechanische Teil stammt von Carminati & Toselli, die elektrische Ausrüstung lieferte TIBB:

Die feierliche Eröffnung des elektrischen Betriebs fand am 28. Oktober 1929 statt.

Mit der Elektrifizierung der Strecke konnte die Fahrzeit nun auf zwei Stunden und 15 Minuten gesenkt werden. 1932 verkehrten zehn Personen befördernde Züge täglich, die Standardgarnitur war ein Triebwagen mit einem Beiwagen. 1938 wurden zwei Drehgestellwagen der eingestellten Dermulo–Fondo–Mendel-Bahn übernommen. 1941 wurde von der Laaser Marmorbahn eine zweiachsige Akkulok gekauft, welche den Verschub im Bahnhof Auer versah und später auf Oberleitungsbetrieb umgebaut wurde. Die Bahn versah jahrzehntelang störungsfrei ihren Dienst, trotz alliierter Luftangriffe auf den Bahnhof Auer im Zweiten Weltkrieg. Bis 1953 bilanzierte die Bahn ausgeglichen, auch wenn dafür staatliche Unterstützungen eingerechnet wurden. 1956 wurde die Betriebsführung der Rittnerbahn übertragen. Aber ein falscher Fortschrittsglaube führte bereits ein Jahr später zum Entschluss, die Fleimstalbahn einzustellen. Obwohl die Einstellung bereits für 1960 vorgesehen war, verkehrte der letzte Zug auf der Fleimstalbahn am 10. Jänner 1963. Das unrunde Datum erklärt sich aus der verspäteten Lieferung der Busse, welche den Ersatz antraten.

Die elektrische Einrichtung und der Großteil des Rollmaterials wurde an die FCG (Ferrovia Genova–Casella) verkauft, wo noch heute vereinzelt die Fahrzeuge dieser Tiroler Lokalbahn im Betrieb erlebt werden können. Ebenso sind auf der Homepage der Freunde der Ferrovia Genova–Casella Fotos und Kurzbeschreibungen dieser ehemaligen Fahrzeuge der Fleimstalbahn zu finden.